Vertraglich bedingte Reibungsverluste
Warum einige Zierbrunnen in diesem Jahr nicht sprudeln werden
Trockene Zierbrunnen sind für die meisten Bürger des Bezirks – in etwa so wie gefällte Bäume – ein rotes Tuch. An manchen Standorten wird es in dieser Saison auch gar nicht mehr plätschern. Schuld sind vertragliche Vereinbarungen und fehlendes Geld.
„Früher kam ein Wall-Techniker, hat die Störung behoben und dann lief der Brunnen wieder“, stellte Hans-Joachim Fenske (CDU) bei der jüngsten Sitzung des Tiefbau- und Umweltausschusses fest, als es um die 30 Zierbrunnen des Bezirks ging. Vor zwei Jahren hat der Senat die Wall GmbH durch die Berliner Wasserbetriebe als Betreiber der Brunnen und Werbepartner ersetzt. Und die stellen die Wasserspiele nicht an, wenn sie sich nicht in einem einwandfreien technischen Zustand befinden. Flickschusterei wollen die Wasserbetriebe nicht betreiben. Einige Brunnen müssten kostenintensiv saniert werden, bevor es sprudelt – und das müsste der Bezirk bezahlen.
„Dafür fehlt uns das Geld“
„Dafür fehlt uns aber das Geld“, erklärte der bündnisgrüne Baustadtrat Oliver Schruoffeneger. Denn seit dem Vertragswechsel gebe es keine Zuwendung des Senats für den Brunnenbetrieb mehr. Von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) gebe es zwar die Zusage, im Falle von hohen Sanierungskosten eine Basiskorrektur vorzunehmen, schließlich seien mit dem Vertragswechsel insgesamt zehn Millionen Euro für den Brunnenbetrieb aus den Haushalten der Bezirke herausgezogen worden. „Das würde auch nicht viel nützen. Dieses Geld bräuchten wir ja fast nur für unsere Brunnen, um sie in den Zustand zu versetzen, den die Wasserbetriebe gerne hätten“, sagte Schruoffeneger. Alleine die Sanierungen des Weltkugelbrunnens am Breitscheidplatz und der Fontäne am Ernst-Reuter-Platz würden jeweils mit bis zu einer Million Euro zu Buche schlagen.
In den nächsten Wochen nehmen die Wasserbetriebe noch die letzten Wasserspiele in Betrieb, die ihren Ansprüchen genügen. Warum das noch nicht geschehen ist, begründet Sprecher Stephan Natz auf Nachfrage: „Wir fahren auch erst gerade wieder hoch. Wegen der Corona-Krise liefen wir auf Notbetrieb. Unser Fokus lag auf der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung.“
Jetzt möchte Schruoffeneger zusammentragen, was der Betrieb aller Zierbrunnen im Bezirk kostet, inklusive Instandsetzungs-, Verwaltungs- und Abschreibungskosten.
Die einzelnen Abkommen der Wasserbetriebe mit den Berliner Bezirken basieren auf einem vom Land Berlin nach dem Ende der Zusammenarbeit mit der Wall GmbH ausgearbeiteten Mustervertrag. Die Aufgaben der Wasserbetriebe beschreibt deren Sprecher Stephan Natz so: „Im Frühjahr in Betrieb nehmen, im Herbst außer Betrieb setzen. Dazwischen liegen zwei kleine Wartungen eines jeden Brunnens und eine tägliche Sichtkontrolle.“ Zusätzlich ist das Versorgungsunternehmen für die „kleine bauliche Unterhaltung“ der Brunnen zuständig. „Formal betrifft das Arbeiten, die nicht mehr als 1000 Euro kosten“, sagt Schruoffeneger.
Alle Investitionen, die für den von den Wasserbetrieben geforderten technisch einwandfreien Zustand nötig sind und diesen Betrag übersteigen, muss der Bezirk tragen. Was zählt zur „kleinen baulichen Unterhaltung“? Wann muss ein Brunnen generalüberholt werden? „Darüber gibt es permanent Diskussionen“, sagt Schruoffeneger. Natz wirft hierzu insofern den Hut der Wasserbetriebe in den Ring, als er sagt, der Sparzwang der Vergangenheit sei den Brunnen anzumerken. „Augenscheinlich sind sie in Ordnung, aber im Inneren sind sie marode. Da wurde Jahrzehnte lang nichts getan. Und wenn wir etwas machen, machen wir es ordentlich.“
Erschwerend hinzu kommt, dass die Zuwendungen des Landes im Zuge des Betreiberwechsels für den Brunnenbetrieb eingestellt wurden. „Wir müssen also im Moment den Etat für Grünflächen- und Tiefbaumaßnahmen belasten. Das geht so nicht, zumal der ja auch nicht üppig ist“, klagt Schruoffeneger. Hat der Bezirk einmal die Finanzierung für eine Brunnensanierung aufgestellt, kann er auch die Wasserbetriebe mit den Arbeiten betrauen – wie bei der defekten Fontäne auf dem Ernst-Reuter-Platz. „Dort sind die Pumpen defekt, die neuen kommen in zwei Wochen“, sagt Natz. In so einem Fall wechselt die Zuständigkeit also zweimal den Besitzer. Brunnen, die unter Denkmalschutz stehen, reparieren die Wasserbetriebe nicht.
Reibungsverluste gibt es auch bei der Abrechnung. Die Wasserbetriebe akzeptieren keine Abschlagszahlungen für einzelne Brunnen, so wie es Schruoffeneger gerne hätte. Jedes Wasserspiel muss separat monatlich abgerechnet werden. Natz: „Da geht es um Transparenz. Wir obliegen auch einer Kontrolle, der Landesrechnungshof muss das genau nachvollziehen können. Zudem müssen wir nicht zweimal an die Buchung ran, das spart Geld.“ Schruoffeneger moniert hingegen höhere Verwaltungskosten und wundert sich: „Abschlagszahlungen funktionieren doch bei Privathaushalten auch.“
Die Wurzel des Übels sieht der Stadtrat allerdings im Vertrag: „Der ist schlecht für alle Seiten, es herrscht völliges Chaos.“ Für ihn würde es Sinn machen, wenn entweder die Bezirke allein für die Brunnen zuständig wären oder „gerne auch die Wasserbetriebe“. „Dann könnte der Senat direkt mit den Wasserbetrieben abrechnen und bei mir würden nicht jede Woche fünf oder sechs Briefe erzürnter Bürger hereinflattern, die ich theoretisch weiterleiten müsste.“
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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