"Stadtrat nicht mehr tragbar"
Bezirksverordnete diskutieren Abwahlantrag gegen Detlef Wagner
Gegen Jugendstadtrat Detlef Wagner (CDU) läuft ein Abwahlverfahren. Diskutiert wurde der Antrag von SPD, Linke und FDP in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Die drei Fraktionen werfen Wagner untragbares Verhalten und mutwillige Täuschung der Bezirksverordneten vor. Am 14. Dezember wird der Antrag abgestimmt.
Nach dem gescheiterten Missbilligungsantrag sieht sich Jugend- und Gesundheitsstadtrat Detlef Wagner jetzt mit einem Abwahlantrag konfrontiert. Unterschrieben haben ihn SPD, Linke und FDP. In der Kritik steht Wagner schon seit Wochen. Er hatte dem freien Träger „Die Falken“ wegen angeblich schwerer Baumängel kurzfristig den Nutzungsvertrag für den Kinder- und Jugendklub „Schloss19“ gekündigt, darüber vorab aber weder den Jugendhilfeausschuss noch das Jugendamt informiert .
Damit habe der Stadtrat aus Sicht der drei Fraktionen ein „untragbares Verhalten“ an den Tag gelegt. Dem Träger sei willkürlich gekündigt und dem Jugendhilfeausschuss bewusst falsche Informationen über die Kündigungsgründe mitgeteilt worden, so die schwerwiegenden Vorwürfe. „Weder konnte der Bezirksstadtrat die angeblichen bauordnungs- und brandschutzrechtlichen Mängel belegen, noch der zuständige Stadtrat für Facility Management, Christoph Brzezinski, diese bestätigen“, begründen die drei Fraktionen ihren Antrag. Detlef Wagner habe damit sein Amt und das seines Kollegen beschädigt. Darüber hinaus sei die „vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Bezirksamt und Träger, Jugendhilfeausschuss sowie der Bezirksverordnetenversammlung nachhaltig gestört“ und der Stadtrat „in seinem Amt nicht mehr tragbar“.
„Ungereimtheiten und hilflose Ablenkungsmanöver"
In der November-Sitzung der Bezirksverordneten wurde der Abwahlantrag eine Stunde lang heftig diskutiert. „Noch immer gibt es keine lückenlose Aufklärung und keine ernsthafte Entschuldigung für dieses Verhalten“, warf SPD-Fraktionschef Alexander Sempf dem Stadtrat vor. „Stattdessen versuchen Sie seit Wochen, Ihr Handeln kleinzureden und auf andere abzuschieben.“ Sempf sprach von „Ungereimtheiten und hilflosen Ablenkungsmanövern mit immer neuen Versionen“. Auch für die FDP-Fraktion hat sich der Stadtrat damit „als Mitglied des Bezirksamtes disqualifiziert“. Die angegebenen Kündigungsgründe seien fadenscheinig, so Stefanie Beckers. „Mängel wie ein im Weg stehendes Trampolin oder ein fehlender Feuerlöscher, die der Träger sofort behoben hat und die seit 2019 nicht mehr aufgetreten sind, können nicht zu einer sofortigen Kündigung führen.“ Das sei absurd.
Tatsächlich hatte die Akteneinsicht der Fraktionen bestätigt, dass es seit vier Jahren nichts Schriftliches mehr zum Jugendklub gibt. „Der Jugendstadtrat gibt selbst zu, dass seit 2019 keine Mängel dokumentiert seien, nimmt aber angebliches Fehlverhalten des Trägers, zu denen er aber keine genaueren Angaben machen konnte, zum Anlass seiner Kündigung“, kritisierte Annetta Juckel von der Linksfraktion. Nach Aktenlage und Anhörung des Stadtrats im Jugendhilfeausschuss dränge sich der Eindruck auf, dass er sich des linken Trägers zugunsten neuer Nutzungen für das Klubgebäude entledigen wollte. „Die Lügen des Stadtrats und sein verantwortungsloses Vorgehen missbilligen wir aufs Schärfste“, so Juckel.
Wagner räumt ein, schlecht
kommuniziert zu haben
Die CDU nahm ihren Stadtrat in Schutz. „Fehlentscheidungen am Arbeitsplatz können passieren, auch wie hier mit großer Tragweite“, sagte Fraktionschef Simon Hertel. Am Ende habe der Stadtrat seinen Fehler aber korrigiert, indem er die Kündigung zurückgezogen habe. „Das ist doch der wesentliche Punkt.“ Sascha Taschenberger von den Grünen empfahl dem Stadtrat, zu seinem Fehler zu stehen und nochmal auf den Träger zuzugehen. Martin Christian Thomas Kohler von der AfD hielt sich die Entscheidung seiner Fraktion über den Abwahlantrag noch offen. Der Stadtrat habe alle Fragen nachvollziehbar beantwortet. Die Rücknahme der Kündigung kritisierte Kohler. Für ihn gebe es „bessere Träger, die politisch neutraler auftreten“ als die Falken.
Detlef Wagner, sichtlich betroffen, beteuerte in der BVV, zum geschilderten Ablauf der Kündigung „nichts hinzugedichtet“ zu haben. „Was allerdings richtig ist, ich habe wirklich schlecht kommuniziert, das steht fest.“ Aus welchen Gründen auch immer habe er nicht zum Telefon gegriffen und den Jugendhilfeausschuss früher über die Kündigung informiert. Das werde ihm nie wieder passieren. Auch wolle er bestimmte Informationen an ihn künftig doppelt und dreifach prüfen, versicherte Wagner. Aus dem, was falsch gelaufen sei, jetzt aber zu konstruieren, dass er nicht geeignet sei, sich für Jugendliche und freie Träger der Jugendhilfe einzusetzen, das passe mit seiner bisherigen Arbeit nicht zusammen. „Ich kämpfe für Träger und fördere sie bis zur Grenze des Graubereichs, das wissen Sie.“ Dabei sei ihm „vollkommen egal“, welche politische Ausrichtung ein Träger habe.
Über den Abwahlantrag entscheiden die Bezirksverordneten am 14. Dezember. Nach dem Bezirksverwaltungsgesetz muss ein solch schwerwiegender Antrag zwei Mal durch die BVV. Die zweite Beratung darf frühestens zwei Wochen nach der ersten erfolgen. Zudem ist für die Abwahl eines Stadtrats eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Bei 55 Bezirksverordneten müssten also mindestens 36 dafür sein. SPD, Linke und FDP kommen zusammen aber nur auf 20 Stimmen. Der Antrag ginge ergo nur durch, wenn es bei der geheimen Abstimmung genügend Abweichler in der schwarz-grünen Zählgemeinschaft gibt. Die AfD zählt drei Fraktionäre.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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