Kein Mieterschutz in Sicht
Bezirksverordnete lehnen Einwohnerantrag für Schloßstraße und Amtsgerichtsplatz ab

Auch rund um den Amtsgerichtsplatz wird das Wohnen immer teurer.  | Foto:  Ulrike Kiefert
  • Auch rund um den Amtsgerichtsplatz wird das Wohnen immer teurer.
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Die Schloßstraße und der Amtsgerichtsplatz bekommen keinen Milieuschutz. Das Bezirksparlament hat den Einwohnerantrag der Mieterwerkstadt mehrheitlich abgelehnt. Nur SPD und Linke stimmten dafür.

Mehr als 1600 Unterschriften hatte die Mieterwerkstadt Charlottenburg für ihren Einwohnerantrag gegen die Verdrängung von Mietern gesammelt. Trotzdem votierten die Bezirksverordneten überwiegend gegen den Antrag auf Milieuschutzprüfung für die Wohngebiete Schloßstraße und Amtsgerichtsplatz.

Für die Mieterwerkstadt, eine Initiative politisch aktiver Mieter, ist die Entscheidung ein herber Rückschlag. „Im Ergebnis wurde hier das Wohl der Anwohner politischen Spielchen geopfert“, sagt Sprecher Wolfgang Mahnke. Dabei sei die „Gentrifizierungsgefahr“ dort nicht mehr zu übersehen. Für die Mieterwerkstadt bestätigen das alarmierende Daten. Demnach ist die Zahl der Anwohner in den beiden Planungsräumen, wie es im Behördendeutsch heißt, in den vergangenen vier Jahren von knapp 23 400 auf rund 22 350 gesunken. Das sind über 1000 Einwohner oder 4,5 Prozent weniger. „Das ist ein unübersehbares Indiz für Verdrängung alteingesessener Mieter.“

Der Abstimmung ging in der Oktobersitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eine teils heftige Debatte voraus. Der Antrag war zuvor schon im Stadtentwicklungsausschuss abgelehnt worden. Und auch in der BVV sprachen sich die Zählgemeinschaft aus Grünen und CDU zusammen mit der FDP und der AfD gegen die geforderten Milieuschutzprüfungen aus. Zwar bestritt keine der Fraktionen den Einwohnerschwund ganz entgegen dem gesamtberliner Trend. Grüne und CDU argumentierten aber mit finanziellen Gründen dagegen. Für ein externes Gutachten würden dem Bezirksamt das Geld und Personal fehlen. Die Mieterwerkstadt und auch die SPD-Fraktion widersprechen. So stünden dem Stadtentwicklungsamt im Bezirksdoppelhaushalt 2024/2025 jährlich 250 000 Euro für externe Dienstleistungen zur Verfügung, davon seien 145 000 Euro als Honorare für Milieuschutzuntersuchungen reserviert. „Genug, um alle Milieuschutzgebiete und die Aufstellung zusätzlicher Gebiete zu überprüfen“, heißt es aus der SPD. „Wer den eigentlichen Grund für die Ablehnung finden will, der muss nur in die Programme von CDU und Grünen und in ihre Zählgemeinschaftsvereinbarung schauen“, empfiehlt Vizefraktionschef Nico Kaufmann. „Die CDU lehnt Milieuschutz seit jeher grundsätzlich ab. Die Grünen mussten der CDU politisch Zugeständnisse machen.“ Und so hätten sich CDU und Grüne in ihrer Zählgemeinschaftsvereinbarung von April 2023 dementsprechend darauf geeinigt, keine neuen Milieuschutzgebiete ausweisen zu wollen – selbst, wenn der Bezirk alles Geld der Welt hätte.

Die angeführten finanziellen Gründe halten SPD und Mieterwerkstadt daher für „vorgeschoben und unehrlich“. Man habe gehofft, dass sich „CDU und Grüne im Sinne der vielen Anwohner, die in unzähligen Stunden ehrenamtlichen Engagements den Antrag auf die Beine gestellt und Unterschriften gesammelt haben, einen Ruck geben“, so Claudia Spielberg, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Gerade hinsichtlich der neuen Möglichkeiten, in Milieuschutzgebieten möbliertes Wohnen auf Zeit zu untersagen, seien neue Milieuschutzgebiete wichtiger denn je. „Dass Schwarz-Grün sich hier nicht einmal durchringen konnte, einem Prüfauftrag zuzustimmen, halten wir für fatal.“

Vor zwei Jahren hatte sich die SPD allerdings noch selbst gegen den dauerhaften Mieterschutz am Amtsgerichtsplatz ausgesprochen – damals noch als Zählgemeinschaftspartner der Grünen . Nur die Linken wollten ihn behalten. Stattdessen sei der Schutz vor Verdrängung für die 23 000 Einwohner rund um Amtsgerichtsplatz und Schloßstraße nun erneut in weite Ferne gerückt, bedauert Rüdiger Deißler, Sprecher für Stadtentwicklung und Wohnen der Linksfraktion. Die Gefahr bestehe, dass viele von ihnen durch kommende Luxussanierungen, Mietsteigerungen und Eigenbedarfskündigungen ihr Zuhause verlieren. "Auch weil in diesem Bezirk mehrheitlich der politische Wille selbst für den geringsten Schutz der Mieter nicht vorhanden ist."

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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