Kein Mieterschutz in Sicht
Bezirksverordnete lehnen Einwohnerantrag für Schloßstraße und Amtsgerichtsplatz ab

Auch rund um den Amtsgerichtsplatz wird das Wohnen immer teurer.  | Foto:  Ulrike Kiefert
  • Auch rund um den Amtsgerichtsplatz wird das Wohnen immer teurer.
  • Foto: Ulrike Kiefert
  • hochgeladen von Simone Gogol-Grützner

Die Schloßstraße und der Amtsgerichtsplatz bekommen keinen Milieuschutz. Das Bezirksparlament hat den Einwohnerantrag der Mieterwerkstadt mehrheitlich abgelehnt. Nur SPD und Linke stimmten dafür.

Mehr als 1600 Unterschriften hatte die Mieterwerkstadt Charlottenburg für ihren Einwohnerantrag gegen die Verdrängung von Mietern gesammelt. Trotzdem votierten die Bezirksverordneten überwiegend gegen den Antrag auf Milieuschutzprüfung für die Wohngebiete Schloßstraße und Amtsgerichtsplatz.

Für die Mieterwerkstadt, eine Initiative politisch aktiver Mieter, ist die Entscheidung ein herber Rückschlag. „Im Ergebnis wurde hier das Wohl der Anwohner politischen Spielchen geopfert“, sagt Sprecher Wolfgang Mahnke. Dabei sei die „Gentrifizierungsgefahr“ dort nicht mehr zu übersehen. Für die Mieterwerkstadt bestätigen das alarmierende Daten. Demnach ist die Zahl der Anwohner in den beiden Planungsräumen, wie es im Behördendeutsch heißt, in den vergangenen vier Jahren von knapp 23 400 auf rund 22 350 gesunken. Das sind über 1000 Einwohner oder 4,5 Prozent weniger. „Das ist ein unübersehbares Indiz für Verdrängung alteingesessener Mieter.“

Der Abstimmung ging in der Oktobersitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eine teils heftige Debatte voraus. Der Antrag war zuvor schon im Stadtentwicklungsausschuss abgelehnt worden. Und auch in der BVV sprachen sich die Zählgemeinschaft aus Grünen und CDU zusammen mit der FDP und der AfD gegen die geforderten Milieuschutzprüfungen aus. Zwar bestritt keine der Fraktionen den Einwohnerschwund ganz entgegen dem gesamtberliner Trend. Grüne und CDU argumentierten aber mit finanziellen Gründen dagegen. Für ein externes Gutachten würden dem Bezirksamt das Geld und Personal fehlen. Die Mieterwerkstadt und auch die SPD-Fraktion widersprechen. So stünden dem Stadtentwicklungsamt im Bezirksdoppelhaushalt 2024/2025 jährlich 250 000 Euro für externe Dienstleistungen zur Verfügung, davon seien 145 000 Euro als Honorare für Milieuschutzuntersuchungen reserviert. „Genug, um alle Milieuschutzgebiete und die Aufstellung zusätzlicher Gebiete zu überprüfen“, heißt es aus der SPD. „Wer den eigentlichen Grund für die Ablehnung finden will, der muss nur in die Programme von CDU und Grünen und in ihre Zählgemeinschaftsvereinbarung schauen“, empfiehlt Vizefraktionschef Nico Kaufmann. „Die CDU lehnt Milieuschutz seit jeher grundsätzlich ab. Die Grünen mussten der CDU politisch Zugeständnisse machen.“ Und so hätten sich CDU und Grüne in ihrer Zählgemeinschaftsvereinbarung von April 2023 dementsprechend darauf geeinigt, keine neuen Milieuschutzgebiete ausweisen zu wollen – selbst, wenn der Bezirk alles Geld der Welt hätte.

Die angeführten finanziellen Gründe halten SPD und Mieterwerkstadt daher für „vorgeschoben und unehrlich“. Man habe gehofft, dass sich „CDU und Grüne im Sinne der vielen Anwohner, die in unzähligen Stunden ehrenamtlichen Engagements den Antrag auf die Beine gestellt und Unterschriften gesammelt haben, einen Ruck geben“, so Claudia Spielberg, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Gerade hinsichtlich der neuen Möglichkeiten, in Milieuschutzgebieten möbliertes Wohnen auf Zeit zu untersagen, seien neue Milieuschutzgebiete wichtiger denn je. „Dass Schwarz-Grün sich hier nicht einmal durchringen konnte, einem Prüfauftrag zuzustimmen, halten wir für fatal.“

Vor zwei Jahren hatte sich die SPD allerdings noch selbst gegen den dauerhaften Mieterschutz am Amtsgerichtsplatz ausgesprochen – damals noch als Zählgemeinschaftspartner der Grünen . Nur die Linken wollten ihn behalten. Stattdessen sei der Schutz vor Verdrängung für die 23 000 Einwohner rund um Amtsgerichtsplatz und Schloßstraße nun erneut in weite Ferne gerückt, bedauert Rüdiger Deißler, Sprecher für Stadtentwicklung und Wohnen der Linksfraktion. Die Gefahr bestehe, dass viele von ihnen durch kommende Luxussanierungen, Mietsteigerungen und Eigenbedarfskündigungen ihr Zuhause verlieren. "Auch weil in diesem Bezirk mehrheitlich der politische Wille selbst für den geringsten Schutz der Mieter nicht vorhanden ist."

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

52 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
 Ist Ihr Herz gesund? Informieren Sie sich am 20. November über Herzschwäche und wie man sie erkennt und behandelt. | Foto: Caritas-Klinik Maria Heimsuchung

Infos über Herzinsuffizienz
Vortrag: „Herzschwäche erkennen und behandeln“

Die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung lädt Sie herzlich zu einem informativen Vortrag am 20. November 2024 von 17 bis 18 Uhr ein. Unter dem Titel „Stärke dein Herz – Herzschwäche erkennen und behandeln“ erfahren Sie Wissenswertes über die frühzeitige Erkennung und moderne Behandlungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz. Dr. med. Philipp Krauser, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Oberarzt im Caritas Kardiozentrum Berlin, wird in dem Patienteninformationsabend auf die typischen...

  • Pankow
  • 30.10.24
  • 415× gelesen
WirtschaftAnzeige
Tätowierungen sind eine Kunst mit jahrtausendealter Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg die Körper der Menschen schmückte. Doch der Beruf des Tätowierers ist nicht nur kreative Arbeit. Es ist ein anspruchsvolles und faszinierendes Handwerk. | Foto: VEAN TATTOO
3 Bilder

VEAN TATTOO
Tätowierer: einer der gefragtesten Berufe unserer Zeit

Tätowierungen sind eine Kunst mit jahrtausendealter Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg die Körper der Menschen schmückte. Doch der Beruf des Tätowierers ist nicht nur kreative Arbeit. Es ist ein anspruchsvolles und faszinierendes Handwerk, das nicht nur künstlerische Fähigkeiten, sondern auch ein tiefes Verständnis des gesamten Prozesses erfordert. In diesem Artikel wird VEAN TATTOO Ihnen die Welt der Tätowierkunst näherbringen und erläutern, warum der Beruf des Tätowierers heute zu den...

  • Mitte
  • 28.10.24
  • 534× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen? Erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Infoabend am 12. November
Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen

Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen, die jeden Schritt zur Qual machen oder Ihnen sogar in Ruhe keine Erholung gönnen? Es muss nicht so bleiben! Besuchen Sie unseren Infoabend "Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen: Schonende & komfortable OP-Methode!" und erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen – schonend, effektiv und ohne Angst vor einem Eingriff. Expertenwissen kommt beim Infoabend am 12. November aus erster Hand: Tariq Qodceiah, Chefarzt...

  • Reinickendorf
  • 01.11.24
  • 268× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 393× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.