„Corona hat uns auch Einsicht gelehrt“
Bürgermeister Reinhard Naumann blickt auf ein besonderes Jahr 2020 zurück

Bürgermeister Reinhard Naumann (Mitte) zu Besuch bei der Feuerwehr.  | Foto: BA SZ/Brühl
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2020 war kein gutes Jahr. Es war anders als alle Jahre, die die meisten von uns erlebt haben. Es war kaum vorstellbar, dass auch das Leben hier bei uns in Mitteleuropa, das uns so sicher erschienen ist, von einem Virus, einer Krankheit, einer Epidemie so grundsätzlich umgekrempelt werden könnte.

Corona hat uns Demut und Einsicht gelehrt und gezeigt, dass auch unsere zumeist heile Welt schnell bedroht sein kann, dass keine Grenze dicht genug ist, um solche Gefahren von uns fern zu halten. Doch auch wenn uns die direkten sozialen Kontakte fehlen und das letzte Jahr kräftezehrend, stressig und mitunter auch einsam war, möchte ich einen differenzierten Blick zurückwerfen. Denn trotz zeitweiser Stagnation haben wir auch vieles erreicht, auf das wir stolz sein dürfen.

Es gibt Dinge, die mir im Rückblick besonders fehlen. Dazu gehören die vielen Veranstaltungen, die mir sonst die Begegnungen und Gespräche mit vielen Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht haben. Alle Feste mussten abgesagt werden. Ich denke da auch an den Weinbrunnen auf dem Rüdesheimer Platz, der sonst im Sommer viele Menschen zu einem Glas Wein zusammenführt, an wichtige Vereinsjubiläen oder auch an unser Fest der Vielfalt. Viele Veranstaltungen wie der Bezirkstag, an dem wir jedes Jahr verdiente Menschen aus Charlottenburg-Wilmersdorf auszeichnen, konnten nur in sehr kleinem Rahmen stattfinden. Ich freue mich dennoch, dass wir mit Heike Thulmann von der Epiphanienkirche und Dieter Puhl von der Stadtmission zwei Menschen auszeichnen konnten, deren Engagement Teil der tollen Kreativität und Vielfalt unserer City West ist.

Andere Veranstaltungen haben wir komplett ins Internet verlegt. Es gab interessante Diskussionsveranstaltungen und sogar Konzerte wie den NoonSoog in der Kirche am Hohenzollernplatz bei YouTube und Bürgersprechstunden am Telefon. Ich räume ein, es kann das persönliche Miteinander nicht ersetzen, aber es bedeutet, dass wir die Nutzung digitaler Techniken beschleunigt haben, um das Leben am Laufen zu halten. Absehbar wird auch in der Zeit nach Corona vieles davon beibehalten werden, weil es Wege und Zeit spart.

Was ich persönlich sehr vermisst habe, sind die Kiezspaziergänge, die mich jeden Monat mit vielen Mitwanderern durch ein anderes Viertel des Bezirks geführt haben. Drei solcher Spaziergänge haben wir im Juli, August und September in Zusammenarbeit mit dem "Haus der Jugend" im virtuellen Miniformat aufgezeichnet. Die Videos, auch mit Untertiteln und Gebärdensprachdolmetschern, sind auf der Internetseite zu sehen. Ich hoffe sehr, dass es im Laufe des kommenden Jahres wieder möglich sein wird, live und in Begleitung durch einen unserer Kieze zu spazieren.

Was auch dieses Jahr in Charlottenburg-Wilmersdorf stetig fortentwickelt wurde, ist unsere Willkommens- und Erinnerungskultur. So arbeitet unser bezirkliches Integrationsbüro an Konzepten, junge Menschen aus Migrantenfamilien für eine Ausbildung in der Verwaltung zu interessieren. Wir arbeiten aber auch unermüdlich daran, dass die Opfer der Shoah in unserem Bezirk nicht vergessen werden. Im März haben wir eine Kooperation mit der Stolpersteininitiative Charlottenburg-Wilmersdorf geschlossen, die wir bei ihrer unermüdlichen Recherchearbeit gern unterstützen. Jüdisches Leben wächst in unserem Bezirk, worüber ich mich sehr freue. Wir wissen, dass es immer wieder unerträglichen Anfeindungen ausgesetzt ist. Deshalb: Nein zu jeder Form von Antisemitismus!

Den bevorstehenden Jahreswechsel nehme ich gern zum Anlass, danke zu sagen! Mein Dank gilt den Bürgerinnen und Bürgern, die sich auf sozialem, sportlichem und kulturellem Gebiet in Vereinen, Verbänden, Kirchen und Initiativen beruflich oder ehrenamtlich engagieren. Er gilt ferner dem Bezirksamtskollegium, den Bezirksverordneten und allen Beschäftigten unserer Bezirksverwaltung, allen voran im Gesundheits- sowie Ordnungsamt, für die so gute Zusammenarbeit 2020. Und schließlich gilt mein besonderer Dank den Menschen, die ihre Zeit und Arbeitskraft in den Dienst der Allgemeinheit stellen, sei es bei der Feuerwehr, der Polizei, den Rettungsdiensten, in Kliniken und sozialen Einrichtungen. Besonders erwähnen möchte ich hier die Kältehilfe für obdachlose Menschen, die weiterhin unserer besonderen Unterstützung bedarf.

Ich wünsche Ihnen allen, dass Sie diese besondere Weihnachtszeit sowie den Jahreswechsel nutzen konnten und können, um in kleinem Kreis bewusst zur Ruhe zu kommen. Bleiben Sie gesund!

Herzlich grüßt Sie Ihr Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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