"Wir weisen das Ansinnen zurück"
BVV lehnt FDP-Antrag ab
Nach den etlichen Wahlpannen im vorigen Jahr wollte die FDP Stadtrat Arne Herz die Wahlneuorganisation entziehen. Die Bezirksverordneten lehnten den Antrag jedoch mehrheitlich ab. Und auch Bürgermeisterin Kerstin Bauch sah „keinen Anlass, die Zuständigkeit zu verändern“.
Falsche oder fehlende Stimmzettel, zeitweise Schließung von Wahllokalen, lange Warteschlangen und Stimmabgaben teils noch weit nach 18 Uhr: Beim Super-Wahltag im September 2021 kam es in vielen Bezirken zu peinlichen Pannen, auch in Charlottenburg-Wilmersdorf.
Dort musste die Wahl in 25 Wahllokalen wegen fehlender Stimmzettel unterbrochen werden, 32 Wahllokale schlossen erst nach 18.30 Uhr, viele Wähler erhielten keine Zweitstimmenzettel zur Abgeordnetenhaus-Wahl und in einem Wahlkreis überstieg die Zahl der nicht ausgehändigten Erststimmenzettel (Direktkandidaten Abgeordnetenhaus) den Stimmenvorsprung zum Zweitplatzierten. Für diese Wahlfehler ist aus Sicht der FDP-Fraktion der Stadtrat für Bürgerdienste, Arne Herz (CDU), verantwortlich. In der Oktober-Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) stellte die Fraktion daher den Antrag, ihm die Wahlneuorganisation zu entziehen – sollte die Wahl wiederholt werden müssen. Der Antrag wurde nach längerer Diskussion mehrheitlich abgelehnt, wobei die Debatte nicht durchweg sachlich verlief.
Bürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne) stellte gleich am Anfang klar, dass das Bezirksamt keinen Anlass sehe, die Zuständigkeit zu verändern. „Wir weisen das Ansinnen Ihres Antrags als Bezirksamt geschlossen zurück“, sagte Bauch in Richtung FDP. Deren Fraktionschef Felix Recke-Friedrich hatte die Wahlfehler zuvor scharf kritisiert und Beispiele genannt. So seien dem Wahlbezirk 509 die Stimmzettel am Wahlsonntag bereits gegen 13 Uhr ausgegangen. Die Wahl hätte dort deshalb für zwei Stunden unterbrochen werden müssen. „Weil das Bezirkswahlamt telefonisch nicht erreichbar war, musste die stellvertretende Wahlvorsteherin mit dem Fahrrad ins Rathaus fahren, um Nachschub zu holen“, so Recke-Friedrich. Diese zahlreichen Probleme seien nicht allein das Versagen auf Landesebene gewesen, sondern „Fehlentscheidungen im Vorfeld der Wahl hier im Bezirk und dafür trägt der zuständige Stadtrat die Verantwortung“. Der Bürgermeisterin hielt Recke-Friedrich in der Sitzung vor, mit keinem Wort auf die konkreten Vorwürfe eingegangen zu sein. „Wir sehen nicht, dass das Bezirksamt ausreichend Konsequenzen gezogen hat.“
CDU-Fraktionschef Stefan Häntsch verteidigte den Stadtrat und erinnerte an die Sondersitzung des Ausschusses für Bürgerdienste kurz nach der Wahl. Dort hätten der Stadtrat und der Bezirkswahlleiter die Wahl detailliert aufgearbeitet. Der FDP warf Häntsch „populistisches Verhalten“ vor und kündigte der Fraktion die „Freundschaft“ – zumindest bei diesem Thema. Der Stadtrat habe die Landesebene bereits im Vorfeld der Wahl auf mögliche Schwierigkeiten hingewiesen, schon wegen Corona, so Häntsch weiter. Am Ende habe es im Bezirk „doppelt so viele Wahllokale und doppelt so viele Wahlhelfer wie beim letzten Mal“ gegeben. Auch die Grünen lehnten den FDP-Antrag als „populistisch“ und „bodenlos“ ab. Fraktionschef Sebastian Weise warf den Liberalen vor, damit eine „politische Schlammschlacht" anfangen zu wollen. SPD-Fraktionsvorsitzender Alexander Sempf hielt es nicht für sinnvoll, jetzt jemand anderem die Wahlneuorganisation zu übertragen. „Stadtrat Herz ist nicht nur eingearbeitet, sondern seine Verwaltung ist auch bereits mittendrin in der Wahlvorbereitung.“ Die SPD enthielt sich bei der Abstimmung. „Der Antrag kommt zur Unzeit“, sagte Annetta Juckel, Ko-Fraktionschefin der Linken. „Der Stadtrat beschäftigt sich bereits mit Verbesserungen.“ Zu meinen, er solle weg, sei nicht die Lösung.
In der BVV-Sitzung sprach auch Arne Herz. „Kritik zu üben, ist völlig legitim“, so der Stadtrat. „Aber wer mich kennt, weiß, ich versuche, meine Aufgaben bestmöglich zu erledigen.“ Nicht zuletzt wegen seiner Erfahrung habe ihn der Senat in die Expertenkommission berufen, die die Vorgänge am Wahltag analysiert und Verbesserungsvorschläge erarbeitet. „Die anstehenden Neuwahlen werden eine Herausforderung sein, der ich mich selbstverständlich und gerne stelle“, so Herz weiter. Auf die Frage von Felix Recke-Friedrich, was genau denn bei der nächsten Wahl besser werden soll, ging Herz nicht näher ein.
Ob die Wahlen wiederholt werden müssen, entscheidet der Berliner Verfassungsgerichtshof am 16. November. Möglicher Wahltermin ist der 12. Februar 2023.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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