"Neues Kapitel in der Lokalpolitik"
CDU und Grüne in Charlottenburg-Wilmersdorf besiegeln Zählgemeinschaft
CDU und Grüne wollen als Zählgemeinschaft ein neues Kapitel aufschlagen. Dafür haben sie eine Agenda mit konkreten und weniger konkreten Zielen geschnürt. Das sind die Schwerpunkte für die nächsten dreieinhalb Jahre.
Was vor Jahren noch scheiterte, ist jetzt in trockenen Tüchern. Den Bezirk wird künftig ein schwarz-grünes Bündnis regieren. Mit ihren Unterschriften haben die Spitzen von CDU und Grünen die gemeinsame Zählgemeinschaft unter Bürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne) besiegelt. Erst einmal für die nächsten dreieinhalb Jahre, wobei CDU und Grüne ein dauerhaftes Bündnis über 2026 hinaus jetzt schon nicht ausschließen wollten.
Doch zunächst muss sich dieses neues Bündnis beweisen. Für CDU-Kreisverbandschef Klaus-Dieter Gröhler ist das mit „Stabilität, breitem Konsens und einem ideologiefreien Papier mit vielen Inhalten“ zu schaffen. Was er mit „Papier“ meint, ist die Zählgemeinschaftsvereinbarung, mit der CDU und Grüne ein „neues Kapitel in der Lokalpolitik“ aufschlagen wollen. Auf Basis einer Zusammenarbeit, die „vertrauensvoll, fast freundschaftlich“ sei, wie Kirstin Bauch, seit Ende 2021 im Chefsessel, betonte.
25 Seiten dick ist das Papier, das Schwerpunkte beim Klimaschutz, Wohnungsneubau, der Schulwegsicherheit und Bürgerbeteiligung setzt. Neben allgemein gehaltenen Bekenntnissen, etwa zur Förderung von Radverkehr, Elektromobilität, nachhaltiger Stadtentwicklung, digitaler Verwaltung, Jugend und Kultur, finden sich konkrete Ziele und Projekte. Dass man das ICC ab dem Sommer für Kunst, Kultur und Jugendarbeit zwischennutzen und das Pilotprojekt eines nachhaltigen Quartiers in Alt-Lietzow vorantreiben will, sind Punkte, die in der Vereinbarung handfest sind. Ebenso wie das grüne Kulturquartier am Fasanenplatz und das Bauvorhaben auf der früheren Zigarettenfabrik an der Mecklenburgischen Straße (Gewerbenhöfe Gowest).
Keine weiteren Milieuschutzgebiete
Dagegen soll es im Bezirk keine weiteren Milieuschutzgebiete geben. Die hatten die Grünen eigentlich immer befürwortet. Laut Verkehrsstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) habe man aber alles „abgegrast“, weitere Schutzgebiete seien rechtlich nicht möglich. Stattdessen will die Zählgemeinschaft eine Stiftung einsetzen, um Mietshäuser, denen der Verkauf droht, strategisch anzukaufen. Finanziert über die Senatsfinanzverwaltung oder private Eigentümer. Um die Stiftung Wohnen zu gründen, braucht es 100 000 Euro.
Beim Wohnungsneubau setzt die Zählgemeinschaft vorrangig auf Verdichtung und den Dachgeschossausbau. Mehr Bürgerbeteiligung soll das neu eröffnete Beteiligungsbüro bringen, andere Bezirke wie etwa Mitte haben das schon lange. Auch bei neuen Parkzonen sollen Anwohner künftig beteiligt werden. Über verschiedene Formate, wie Oliver Schruoffeneger mitteilte. Ob man das Bürgerbegehren gegen die Parkraumbewirtschaftung in der City West übernehmen will, dazu sagt das Papier nichts. Die nächste Parkzone kommt im Mai rund um den Prager Platz.
Visionen für Einkaufsstraßen fehlen
Weitere Projekte sind die Aufwertung des Eingangs zum Kurfürstendamm aus westlicher Richtung mit „attraktiver und stadtbildprägender Bebauung“ des Grundstücks Hubertusallee 1 am Rathenauplatz. Dort befürwortet die Zählgemeinschaft ein Hochhaus, das sich „nicht in die Berliner Traufhöhe einfügt“. Die Umgestaltung des Henriettenplatzes soll zum Abschluss kommen, und auch den Weihnachtsmarkt vor dem Schloss Charlottenburg will die Zählgemeinschaft langfristig sichern – ohne das dort geplante Besucherzentrum in Frage zu stellen. Die Bebauung der Mietergärten an der Westendallee lehnen CDU und Grüne ab. Mit der landeseigenen Gewobag will man stattdessen über einen alternativen Standort für das geplante Bauvorhaben beraten.
Neue Radwege will Schwarz-Grün möglichst ohne den Wegfall von Parkplätzen bauen. Vorhandene Pläne wie für die Kantstraße sollen daraufhin überprüft werden. An der Kantstraße steht allerdings schon fest, dass die Parkplätze weichen müssen. Die Karstadt-Schließung an der Wilmersdorfer Straße und die Signa-Türme am Kurfürstendamm bleiben in der Vereinbarung unerwähnt. Und wer nach einer konkreten Vision für die Einkaufsstraßen im Bezirk sucht, wird ebenfalls enttäuscht. In puncto Geschäftsstraßen heißt es im Papier nur, man wolle dort die Netzwerke stärken und feste Ansprechpartner verankern.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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