Nachtrag
Weitere Forschungsergebnisse zur Wilhelmsaue 39 / 40
Die Nachweisung, dass das Bezirksamt Wilmersdorf ein eigenes bezirkliches Zwangsarbeiterlager mit der Bezeichnung "Städtisches Ausländerlager für Aufgabenstellung im Verwaltungsinteresse" auf dem städtischen Grundstück Wilhelmsaue 39 / 40 betrieben, oder wie es jetzt heißt "geleitet" habe, ist nicht erbracht worden. Im Gegenteil, alle Dokumente sprechen eindeutig dafür, daß das sich dort befindliche Städtische Lager von der Stadtverwaltung der Reichshauptstadt / Städtischer Eigenbetrieb Stadtreinigung genutzt wurde und daß das Bezirksamt Wilmersdorf auf Antrag dort befindliche ausl. Arbeiter zeitweise / vorübergehend für seine Zwecke einsetzen konnte.Betrachtet man die Ausführungen zu den Dokumenten, welche den Nachweis für ein bezirkliches Lager bilden, so stellt man fest, daß diese im Sinne eines vorgegriffenen Ergebnis interpretiert werden. Dokumente aus der NS-Zeit müssen aber immer hinterfragt und im geschichtlichen Kontext gesehen werden. Es genügt nicht eine Zeile da und eine Zeile dort zusammen zu fassen und auszuführen daß das der Beweis sei. Nehmen wir z.B. die oft zitierte Liste des Gesundheitsamt Wilmersdorf. Wer weiß eigentlich, dass diese Liste bereits wenige Tage nach ihrer Erstellung vom Hauptgesundheitsamt der Reichshauptstadt zurückgewiesen wurde, da die darin enthaltenen Angaben nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprachen, wie der Akte zu entnehmen ist. Auch andere Wissenschaftler haben festgestellt, daß vielfach die Angaben zu Lagern und Ärzte nicht den Tatsachen entsprechen. Die daraus sich dringend notwendige Nachprüfung der Wilmersdorfer Liste ergab, daß Lager, welche bereits damals bestanden nicht aufgeführt wurden, Lager mit Dienstverpflichteten deutschen Bürgern als Ausländerlager von der Wilmersdorfer Behörde angegeben wurden.Auch ist anzumerken, dass nach den Unterlagen des Organisationamtes des Hauptverwaltungsamt der Stadtverwaltung das Bezirksamt Wilmersdorf die geringste Quote des Ausländereinsatzes aller damaligen Berliner Bezirke aufwies, so z.B. im Zeitraum 19.06.1941 - 28.11.1941 = 2 Protektoratsanhörige, 28.11.1941 - 10.04.1942 = 1 Protektoratsanhöriger. Lt. Unterlagen des Organisationsamtes waren seit Beginn des 2. Weltkrieg 1939 bis 10.04.1942 vom Bezirksamt insgesamt 12 ausl. Arbeiter angefordert und zeitweise eingesetzt worden. Mehr nicht. Anzumerken sei auch noch, dass in den Unterlagen des Organisationsamtes und des Hauptplanungsamt der Reichshauptstadt Berlin dazu vermerkt ist, dass es sich hierbei um Arbeitskräfte aus dem städtischen Bestand handelt. Dafür hat Wilmersdorf im gleichen Zeitraum den höchsten Anteil an Zwangsarbeit seiner jüdischer Bürger aufzuweisen, welcher gewiss für das Bezirksamt billiger war.
Autor:Stefan Knobloch aus Charlottenburg |
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