Fortsetzung (2)
Wer betrieb das Lager in der Wilhelmsaue wirklich? (2)
Die Zuständigkeit oder der Betreiber für ein Lager wird gerade bei Unterkünften für ausl. Arbeiter und Angestellte während des Zweiten Weltkrieg aus seiner Lagerbenennung erkenntlich. Siemens-Lager, GBI-Lager, Schering-Wohnlager für ausl. Arbeiter, Städtisches Ausländerlager, Wohnlager für ausl. Arbeiter des Bezirksamt...
Niemand käme auf die Idee ein Telefunken-Lager als Bosch-Lager auszugeben. Diese klare Erkennbarkeit gilt auch für die Lager innerhalb der Berliner Stadtverwaltung. Städtische Lager und Wohnlager der Bezirksverwaltungen. Die Bezeichnung "Städtisches Ausländerlager für Aufgabenstellung im Verwaltungsinteresse", für ein Lager eines Bezirksamt hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben, oder kennt jemand vielleicht die Bezeichnung "AEG Ausländerlager für Aufgabenstellung im AEG-Interesse?
Alle dem Autor bekannten 6 Lager, welche von verschiedenen Berliner Bezirksämtern geleitet wurden, tragen die einheitliche Bezeichnung "Wohnlager für ausl. Arbeiter des Bezirksamt (Name des Bezirk). Nur das Bezirksamt Wilmersdorf soll da eine Ausnahme gemacht haben indem es ein eigenes" Städtisches Ausländerlager für Aufgabenstellung im Verwaltungsinteresse" betrieben habe und das zudem auf einem ihn nicht gehörigen Grundstück?
Es ist davon auszugehen, daß der damalige Bezirksbürgermeister, als er in seiner Dienstanweisung April 1944 seine Dienststellenleiter anwies, ihre Anträge auf vorübergehende Zuweisung ausl. Arbeiter, zukünftig ihn zur Genehmigung vorzulegen, genau die Zuständigkeit für das Lager in der Wilhelmsaue kannte, als er vom Einsatz ausl. Arbeiter des städtischen Lager schrieb, oder? Auch die Justizunterlagen im Landesarchiv Berlin belegen nicht, daß das Bezirksamt Wilmersdorf ein Lager betrieb oder leitete. In 14 bekannten Vorgängen (Beschuldigen- und Zeugenaussagen), in denen als Wohnanschrift "Wilhelmsaue / Wilhelmsgasse" angegeben wird, wird das Bezirksamt nirgend als der zuständige Arbeitgeber angeführt. Hierbei sind die 7 Verstöße gegen die Ausländer-Meldeordnung, welche weitgehend mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft in Höhe bis zu RM 50, - geahndet wurden, nicht mit berücksichtigt, da diese Dokumente nur Wohnanschriften enthalten.
Die Justizunterlagen bestätigen im engeren Sinne nur, dass, was nie bestritten wurde, die Tatsache, daß sich auf dem Areal ein Lager befand. Die Angabe des Arbeitgeber ist auf dem Formular der Personalaufnahme der Erstvernehmung (Vordruck) zwingend vorgegeben. Es gab keine unterschiedliche Vordrucke für je deutsche oder ausl. Beschuldigte oder Zeugen. In keiner dieser Unterlagen ist das Bezirksamt Wilmersdorf als Arbeitgeber angegeben. Warum ist die Angabe des Arbeitgeber so wichtig? Entsprechend der Regelung des Arbeitseinsatzes, war der Arbeitgeber, welcher nur bei dem Arbeitsamt Antrag auf Zuweisung von ausl. Arbeiter stellen konnte, verpflichtet, entsprechende Unterbringungmöglichkeiten für diese Arbeitskräfte nachzuweisen, welche den Bedingungen des Gesetzes zur Unterbringung bei Bauten von 1934 entsprechen mussten.
Eine weitere Tatsache ist, daß das Bezirksamt Wilmersdorf keinerlei Zugriffsrechte auf das Städtische Grundstück Wilhelmsaue 39 /40 hatte. Dieses Grundstück war 1922 vom Bezirksamt Wilmersdorf in Eigentum der Stadt Berlin übergeben worden, wurde der Städtische Straßenreinigung zugewiesen, welche es als Büro und Fuhrpark bis 1945 nutzte. Zudem befand sich auf dem Areal die Spielschule des Kinderheim Wilmersdorf, welche sich bis 1943 nachweisen läßt.
In den Liegenschaftsunterlagen zum Grundstück ist kein Miet- oder Pachtvertrag für das Grundstück mit dem Bezirksamt Wilmersdorf nachgewiesen. Jedoch findet man in diesen Unterlagen konkrete Informationen zu Grundstücksverpachtungen von Liegenschaften des Bezirksamt Wilmersdorf selbst, in denen klar angezeigt wird, dass diese Areale für den Bau von Wohnlager für ausl. Arbeiter für die Dauer des Krieges vom Bezirksamt zur Verfügung gestellt wurden. Bei der Sichtung dieser Unterlagen war zudem erkenntlich, dass eine Reihe von Lagern welche bereits 1940 und 1941 in Betrieb genommen worden waren, in der vom Hauptgesundheitsamt zurückgewiesenen Liste des Gesundheitsamt Wilmersdorf vom Nov. 1942 nicht aufgeführt sind.
Dadurch werden die getätigten Aussagen früherer Beiträge zur Thematik weiter untersetzt.
Autor:Stefan Knobloch aus Charlottenburg |
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