Zum Bedenken
Wer betrieb das Lager in der Wilhelmsaue wirklich?

Es besteht seit Jahren - eigentlich seit Beginn der Beschäftigung mit der Thematik - eine völlige Übereinstimmung aller Beteiligten - in der Tatsache, daß das Bezirksamt Wilmersdorf ausl. Arbeiter und Angestellte während des 2. Weltkrieg für seine Belange einsetzte, sowie, dass sich in der Wilhelmsaue ein Städtisches Lager für ausl. Arbeiter befand.Wo seit Jahren aber keine Übereinstimmung besteht, das ist die Frage nach dem Betreiber dieses Lager, Bezirksamt Wilmersdorf oder die Stadtverwaltung der Reichshauptstadt Berlin. Hier gehen die Ansichten weit auseinander. Herr Dr. Michael Roeder vertritt vehement die Ansicht, daß das Bezirksamt der Betreiber eines Lagers mit der Bezeichnung: "Städtisches Ausländerlager für Aufgabenstellung im Verwaltungsinteresse" gewesen sei, während die andere Bewertung davon ausgeht, daß dieses Lager der Stadtverwaltung unterstanden hat, eine Ansicht, welche der Verfasser vertritt. Momentan sind weitere Nachforschungen in Archiven und Bibliotheken nicht mehr möglich, daher bleiben wir bei den bekannten Dokumenten. Der Betreiber des Lagers wird nach Ansicht des Verfasser aus der Bezeichnung des Lagers "Städtisches Lager" klar benannt, die Stadtverwaltung der Reichshauptstadt Berlin. Dies wird auch aus den Forschungen von Prof. Demps (1986), aber auch von Bräutigam, Kubatzki u.a. führenden Wissenschaftler ersichtlich. Sie führen in ihren Erarbeitungen deutlich aus, dass die städtischen Lager einheitlich von der Stadtverwaltung geführt wurden. Aufbau, Betrieb und Erweiterung regelte die Stadtverwaltung mittels des "Kriegshaushaltes der Stadt Berlin", wie Prof. Demps anmerkt. Demps, Bräutigam und Kubatzki weisen auch darauf hin, dass das Haupttiefbauamt der Stadtverwaltung die Städtischen Lager baute und erweiterte. Diese Lager unterstanden der Kontingentstelle für Arbeitseinsatz beim Oberbürgermeister der Reichshauptstadt Berlin, einer Dienststelle innerhalb des Fachbereich des Haupttiefbauamt und sind im Telefonbuch von Berlin unter dieser aufgeführt. Diese Fakten werden von Dr. Roeder und der Berliner Geschichtswerkstatt in ihren Bewertungen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Warum nicht? Das Zusammenwirken von Kontingentstelle und den Städtischen Gesellschaften / Eigenbetrieben bedarf noch weiteren Nachforschungen. Aus den Unterlagen des Hauptpersonalamt der Stadtverwaltung Berlin ist seit 1941 bis 1944 nachweisbar, dass die ausl. Arbeiter und Angestellten innerhalb der Verwaltung der Reichshauptstadt, den städtischen Gesellschaften und Eigenbetrieben, sowie den Bezirksämtern dem Hauptpersonalamt der Stadtverwaltung, also nicht den einzelnen Dienststellen, Ämtern (auch Bezirksämtern) Eigenbetrieben unterstanden. Über den von ihr organisierten  Einsatz aller Arbeitskräfte (Deutsche und Ausländer) innerhalb der verschiedenen Verwaltungen, Gesellschaften, Eigenbetriebe und Bezirksämtern berichtete das Hauptpersonalamt alle 6 Monate dem Hauptplanungsamt der Stadtverwaltung. In diesen Berichten ist stets vermerkt, dass die ausl. Arbeiter und Angestellten in einem Arbeitsverhältnis mit der Stadtverwaltung der Reichshauptstadt stehen. Diese Unterlagen geben zugleich Überblick über die von den Bezirksämtern für ihre Belange eingesetzten ausl. Arbeiter und Angestellten, welche auf Leihbasis (für mich "Sklavenhandel") vom Hauptpersonalamt den Bezirksämtern auf Antrag vorübergehend zur Verfügung gestellt wurden. Auch die bisherige Sichtung von 14 Akten der Berliner Staatsanwaltschaft von 1942 / 1945 - darunter auch jene, welche Frau Woniak anführte - ergab, dass das Bezirksamt Wilmersdorf in keiner dieser Unterlagen als Arbeitgeber geschweige denn als Betreiber des Lagers Wilhelmsaue 39 / 40 angegeben ist. Vielmehr wird aus der Aktenlage der Staatsanwaltschaft klar und deutlich ersichtlich, dass es sich bei diesem Lager tatsächlich um ein Städtisches Lager handelte, wovon alle ausgehen, es aber nicht vom Bezirksamt betrieben wurde. Es wurde vom städtischen Eigenbetrieb Stadtreinigung genutzt, der dort seit 1922 ein eigenes Gerätedepot betrieb und dieses Lager wurde wie die anderen Städtischen Lager seit 1942 von der DAF betreut.

Autor:

Stefan Knobloch aus Charlottenburg

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