"Niemand wird weggeschickt"
Charlottenburg-Wilmersdorf schützt in der Corona-Krise auch die Obdachlosen
Die Corona-Pandemie diktiert es: Aufeinander achtgeben ist Trumpf, besonders auf die Schwächsten der Gesellschaft. Dazu gehören nicht nur die Senioren, sondern auch die Obdachlosen. Der Bezirk ist sich dessen bewusst und übernimmt Verantwortung.
Neulich in der City Station in der Joachim-Friedrich-Straße: Draußen bäumt sich Väterchen Frost noch einmal auf, drinnen tummeln sich deshalb 18 Menschen ohne Obdach auf beengten Verhältnissen. Hier bekommen sie zwar einen beheizten Schlafplatz, die 1,50 Meter Mindestabstand zum Nebenmann sind aber lediglich Wunschgedanke. Sozialstadtrat Detlef Wagner (CDU) und sein Rest-Team, ob im Rathaus oder im Homeoffice, haben sofort die Initiative ergriffen, Berliner Hostels abtelefoniert und innerhalb kürzester Zeit die Menschen woanders untergebracht – einzeln. „Einfache, günstige, aber ordentliche Unterkünfte, die auch schon Flüchtlinge aufgenommen hatten“, berichtet Wagner. Einem älteren Mann, der an einer Vorerkrankung leidet, haben sie ein Zimmer in der vom Arbeiter-Samariter-Bund betriebenen Notunterkunft für Wohnungslose Inklusio besorgt. „Dort wird er bestens betreut“, sagt Wagner.
Zu handeln, das sei für ihn klar gewesen. Gerade unter den Obdachlosen gebe es viele mit einer Vorerkrankung, das Leben auf der Straße mache sie unweigerlich zu einer Risikogruppe. „Sie können nicht zuhause bleiben, weil sie keins haben, und auch Kontaktsperren sind kaum durchzusetzen. Also brauchen sie Hilfe.“ Bei der „Operation City Station“ habe er gar nicht so viel beigetragen, sagt Wagner. Seine Mitarbeiterin Kirsten Grobe-Prieß habe ihn auf die Situation hingewiesen. „Sie fragt die Zustände in den sozialen Einrichtungen nicht nur telefonisch ab, sondern besucht sie persönlich, um sich ein Bild zu machen. Das ist richtig gut.“
Offiziell dürfen Obdachlose nicht in Hostels untergebracht werden. „Da bewege ich mich in einer Grauzone, aber das nehme ich angesichts der dramatischen Entwicklung der Pandemie in Kauf, genauso wie die Kosten für die Unterbringung. Das ist sehr gut angelegtes Geld“, so Wagner. Der Senat plane gerade zwar große Unterkünfte für die Obdachlosen für bis zu 350 Menschen und das sei auch sicher eine gut gemeinte Idee, „aber das dauert einfach zu lange.“
Gerade jetzt, da es in der Nacht noch einmal richtig kalt werde, werde seine Abteilung weiter Wert auf die Unterbringung der Obdachlosen legen. „Da wird niemand weggeschickt“, sagt Wagner. Weil durch die Corona-Krise auch ein Großteil der Spenden für die sozialen Anlaufstellen des Bezirks weggebrochen sind, umfasst sein Notfallplan noch eine zweite Schiene: „Bei Bedarf können die Einrichtungen bei uns Geld anfordern, damit sie ihr Klientel weiterhin mit Brot, Suppe und anderem Essen versorgen können.“
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.