Gut, aber nicht ganz geheuer
Wie bewerten Eltern die Wiedereröffnung der Spielplätze?

Es ist wieder etwas los auf den Spielplätzen im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. | Foto: Matthias Vogel
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War die Entscheidung richtig, die Spielplätze jetzt wieder komplett zu öffnen? Jugendstadträtin Heike Schmitt-Schmelz (SPD) ist sich nicht ganz sicher. Was meinen die Eltern? Die Berliner Woche hat sich umgehört.

Seit dem 30. April sind die rotweißen Flatterbänder um die Spielplätze des Bezirks verschwunden. Die Kinder können wieder schaukeln, rutschen oder im Sand spielen. Heike Schmitt-Schmelz hätte sich anstatt der berlinweit getroffenen Entscheidung der Wiedereröffnung ein reguliertes System gewünscht. „Ohne Auflagen? Das wird man beobachten müssen“, sagt sie. Eine Art Schichtbetrieb, organisiert von einem Mitarbeiter des Jugendamtes, oder aber die Einrichtung von temporären Spielstraßen, um die Fläche zu erweitern, wären für sie die vernünftigeren Lösungen gewesen.

Nun ist es aber so, wie es ist. Und Kinder wie Eltern genießen es. Nicht alle in vollen Zügen. Mailin Müller wohnt in Wilmersdorf und hat es mit ihrer dreijährigen Tochter vorgezogen, den kleinen Spielplatz auf dem Mittelstreifen der Wilhelmsaue anstatt den großen im Volkspark Wilmersdorf zu besuchen. „Es ist gut für die Kinder, dass wieder geöffnet ist. Ich denke, auch aus psychischer Sicht. Hier ist es etwas ruhiger, und das ist gut so. Wenn der Spielplatz voll wäre, wäre ich nicht hier. Mir ist das Ganze noch nicht geheuer, und den Kindern ist ein Mindestabstand nicht zu vermitteln. Am besten fände ich einen Garten.“

Dankbar zeigte sich Laura Vosskuhl (34) ist Mutter einer siebenjährigen Tochter. Sie hat sich den Spielplatz an der Trinitatis-Kirche auf dem Karl-August-Platz ausgesucht und den Sohn ihrer Freundin im Schlepptau. „Wir wechseln uns ab, da wir beide berufstätig sind“, sagt sie. Was sie von der Schließung und Wiedereröffnung halten solle, wisse sie nicht. „Entscheidungen wie Baumärkte wieder zu öffnen, aber Restaurants geschlossen zu lassen verunsichern mich.“ Im Moment sei sie einfach froh, bei der Betreuung wieder die Alternative Spielplatz zu haben. „Die Kinder brauchen diese sozialen Kontakte.“

Nick Sorge (34) ist Freiberufler und wohnt in der Kantstraße. Seine Tochter ist anderthalb Jahre alt. Er schiebt sie so lange im Kinderwagen durch Charlottenburg, bis sie aufwacht. Dann sucht er sich dank Lockerung einen Spielplatz in der Nähe. Dieses Mal hat es die Kleine bis zum kleinen Spielplatz neben der Friedensburg-Oberschule geschafft. Ihr Vater setzt sie auf die Schaukel. „Ihr kann ich sagen, dass hier etwas repariert wird, aber ältere Kinder verstehen nicht, warum Spielplätze geschlossen sind. Ich finde es gut, dass sie wieder geöffnet haben, muss es aber auch akzeptieren, wenn wieder eine andere Entscheidung gefällt wird.“ Um überfüllte Spielplätze und nicht eingehaltene Mindestabstände macht sich Sorge keinen Kopf. „Es liegt doch im eigenen Ermessen, ob ich auf den Spielplatz gehe oder nicht. Insgesamt gibt größere Probleme als die Öffnung und Schließung von Spielplätzen. Wir nehmen es daher einfach so, wie es kommt.“

Beide Daumen reckt Anna Wachter in die Luft, weil die Kinder wieder toben dürfen. Gerade verlässt die 39-Jährige mit ihrer sechsjährigen Tochter den großen Spielplatz im Volkspark. Sie ist sauer – nicht weil wegen der Corona-Krise die Spielplätze geschlossen werden mussten. Auch jetzt gelte es, aufmerksam zu sein. Nein, ihr Ärger rühre daher, weil das Wohl der Kleinen nicht ganz oben auf der Agenda von Politik und Wirtschaft stehe. „Wenn ich Diskussionen über die Wiederaufnahme des Spielbetriebs der Fußballbundesliga höre, platzt mir die Hutschnur. Die Kinder sind aus psychischer Sicht am Ende, und ich glaube, ihnen wird die Schul- und Spielplatzpause noch lange anhängen. Gerade bildet sich die Persönlichkeit, da sind Schule und soziale Kontakte enorm wichtig. Die Prioritäten hätten anders gesetzt werden müssen, für sie hätte man zu allererst Lösungen finden müssen. Jeder Corona-Test eines Fußballprofis ist für mich einer zu viel.“

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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