Hürden gemeinsam nehmen
Mentorenprojekt des Unionhilfswerks sucht Unterstützer für Schüler, Azubis und Geflüchtete
Was möchte ich nach der Schule machen? Wo finde ich einen Ausbildungs- oder Praktikumsplatz? Wie kann ich nach meiner Flucht Fuß in der neuen Gesellschaft fassen? Hilfe bietet das Hürdenspringer-Projekt des Unionhilfswerks. Dafür werden ständig Mentorinnen und Mentoren gesucht. Am 25. Januar beginnen neue Schulungen am Karl-Marx-Platz 20.
Jeder von ihnen soll zukünftig einen Schüler der neunten oder zehnten Klasse unterstützen, einen Auszubildenden oder einen volljährigen Geflüchteten, der in einer Schöneberg-Tempelhofer Unterkunft lebt. Mindestens ein Jahr lang sollten die beiden Partner ein Tandem bilden und sich etwa einmal in der Woche für anderthalb Stunden treffen. „Was sie miteinander machen, bleibt ihnen überlassen. Manche wollen beispielsweise Nachhilfe geben, andere nicht. Einige fahren durch die Stadt, gehen ins Museum, in den Park oder Eis essen“, erzählt Projektleiter David Eick-Kuhlmann. Ein zentrales Anliegen ist jedoch immer der Austausch über die Zukunft und berufliche Perspektive der Schützlinge, also der Jugendlichen und jungen Geflüchteten. Die Mentoren helfen ihnen herauszufinden, was sie wirklich wollen, wo ihre Stärken liegen und wie der Arbeitsmarkt funktioniert. Nicht selten tun sich so für die Jüngeren neue Sichtweisen und Möglichkeiten auf.
„Es ist uns extrem wichtig, die Mentoren nicht ins kalte Wasser zu schmeißen. Deshalb führen wir mit jedem Interessierten ein intensives Vorgespräch“, so Eick-Kuhlmann. Entschließe sich dann jemand für die Qualifizierung, müsse er sich nicht vorher festlegen, ob er einen Schüler, Azubi oder Geflüchteten begleiten möchte. Was am besten passe, werde gemeinsam herausgefunden. Die Schulung umfasst sechs oder sieben Termine – einmal wöchentlich zwischen 18 und 21 Uhr. Auch nach ihrer Ausbildung werden die Mentoren stets vom Hürdenspringer-Team unterstützt.
Erfolgsgeschichten gibt es inzwischen viele. Das Schülerprojekt läuft bereits seit 2009, inzwischen sind einige frühere Schützlinge selbst zu Mentoren geworden. Die Unterstützung von Geflüchteten startete 2020. Manchmal geht auch die eine Begleitung in die nächste über. So wie im Falle eines jungen Afghanen, der als Flüchtling zu Hürdenspringer kam und während seiner Ausbildung zum Koch weiterbetreut wurde. Heute arbeitet er im renommierten Regent-Hotel und möchte ins Adlon wechseln. „Aber leider ist er immer noch ohne eigene Wohnung“, so Eick-Kuhlmann.
Ganz ähnlich ist es bei dem 21-jährigen Ousman. Er hat eine schwere Zeit hinter sich. Mit 13 Jahren musste er allein aus Gambia flüchten, die Eltern waren tot, der Onkel gewalttätig. Drei Jahre dauerte seine Odyssee, ein Jahr davon saß er in Libyen im Gefängnis. Als er in Deutschland ankam, konnte er kaum lesen und schreiben, ging in eine Willkommensklasse, paukte Deutsch und schloss mit guten Noten ab. Bei den Hürdenspringern lernte Ousman die Stadt kennen und konzipierte sogar eine eigene Kiezführung. Er hielt den Kontakt zu seiner früheren Mentorin. Im vergangenen Jahr wandte er sich verzweifelt an sie. Er solle abgeschoben werden, falls er nicht schnell einen Ausbildungsplatz finde. Die Hürdenspringer konnten erneut helfen. Seit vier Monaten macht Ousman eine Tischlerlehre und hat Spaß dabei. „Er hat so viel Schlimmes erlebt, aber ich habe nie einen positiveren Menschen erlebt“, sagt Eick-Kuhlmann. Er hoffe sehr, dass Ousman auf Dauer bleiben kann. Kulinarisch ist der junge Mann auf jeden Fall angekommen: Sein Lieblingsgericht ist Kartoffelsalat.
Wer Mentor werden möchte, erhält über den E-Mail-Kontakt hts@unionhilfswerk.de, unter ¿22 32 76 24 und im Internet auf huerdenspringer.unionhilfswerk.de weitere Informationen zum Projekt.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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