Beweise diesmal ausreichend
Landgericht verhängt gegen rechtsextremistische Brandstifter Gefängnisstrafen
Brandanschläge, Naziparolen, Bedrohungen: Weit über 70 Straftaten, die der rechtsradikalen Szene zuzuordnen sind, hat es seit dem Jahre 2016 in Neukölln gegeben. Am 12. Dezember befand das Landgericht Berlin zwei Männer für schuldig und verhängte Haftstrafen.
Der 38-jährige Sebastian T. wurde unter anderem wegen Brandstiftung, Sachbeschädigung und Bedrohung zu drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem muss er rund 16 500 Euro zurückzahlen, die er unberechtigterweise als Arbeitslosengeld II und Corona-Soforthilfe bezogen hat. Der 41-jährige Tilo P. muss wegen Brandstiftung und Sachbeschädigung für zwei Jahre und zehn Monate ins Gefängnis. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Männer sind in Neukölln keine Unbekannten. Nicht nur die Opfer sind seit Langem davon überzeugt, dass sie zu den Drahtziehern der Anschläge gehören, auch weil die rechtsextremen Straftaten sprunghaft zugenommen haben, als Sebastian T. im Jahre 2016 nach Verbüßung einer Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen wurde. Vor zwei Jahren hatte die Polizei die beiden schon einmal festgenommen, doch das Amtsgericht Tiergarten sprach sie vom Verdacht der Brandstiftung frei.
Dieses Urteil ist nun aufgehoben. Die Vorsitzende Richterin Susann Wettley sah es als erwiesen an, dass Sebastian T. und Tilo P. den Linken-Abgeordneten Ferat Koçak und den politisch engagierten Buchhändler Heinz Ostermann ausgespäht und am 1. Februar 2018 ihre Autos angezündet haben. Außerdem hätten sie Parolen mit Bezug auf den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß gesprüht sowie mehrere Personen bedroht und beleidigt. Die Angeklagten seien „überzeugte Rechtsextremisten“, ihre Taten eindeutig politisch motiviert. Die Beweise sind in den Augen des Gerichts ausreichend. So wurden Telefonate und Chats zwischen Sebastian T. und Tilo P. aufgezeichnet und ausgewertet. Auch gegenüber Zeugen hatten beide von den Taten berichtet.
Mit der Neuköllner Anschlagsserie beschäftigt sich seit 2022 auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss. Vorausgegangen war öffentlicher Druck. Neuköllner hatten weit über 25 000 Unterschriften gesammelt, auch die Bezirksverordneten forderten den Ausschuss. Der untersucht mögliche Versäumnisse von Polizei, Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.