Harter Sparkurs belastet die Bezirke
Senat lenkt beim Doppelhaushalt nach Brandbrief der Bürgermeister ein

Im Rathaus herrscht angesichts des Entwurfs des Haushaltplans Sorge bei Politikern und Angestellten. | Foto:   Schilp
  • Im Rathaus herrscht angesichts des Entwurfs des Haushaltplans Sorge bei Politikern und Angestellten.
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Ende Juni haben die zwölf Bezirksbürgermeister einen Brandbrief an den Finanzsenator geschrieben und gegen den Haushaltsentwurf 2024/ 2025 protestiert. Das Geld reiche hinten und vorne nicht, so der Vorwurf. Inzwischen hat der Senat eingelenkt und angekündigt, die Summe für die Bezirke noch um 100 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen.

Der Entwurf, der den Brandbrief ausgelöst hat, hätte harte Kürzungen zur Folge. Neukölln hätten pro Jahr allein 22,8 Millionen Euro gefehlt, um den heutigen Standard zu halten. Weil 80 Prozent des Haushalts für Pflichtaufgaben – zum Beispiel Sozialleistungen und bauliche Unterhaltung – gebraucht werden, kann folglich nur bei den restlichen 20 Prozent gespart werden. Das heißt, beim Personal sowie bei sozialen und kulturellen Angeboten. Deshalb hatte sich das Bezirksamt auf eine Streichliste mit zwölf Punkten geeinigt. Sie reichte vom Wegfall des Wachschutzes an etlichen Schulen über die Streichung von Streetworkerstellen in der Suchthilfe und die Kürzung in der Obdachlosenhilfe bis zur Schließung von drei Jugendfreizeit- beziehungsweise Familieneinrichtungen. Auch der Rixdorfer Weihnachtsmarkt sollte ausfallen.

Zufrieden ist Bürgermeister Martin Hikel (SPD) nach Zusage der zusätzlichen 100 Millionen Euro pro Jahr, die sich die Bezirke teilen müssten, nicht. „Die Reduzierung der Kürzungen ist ein erstes positives Signal, aber das reicht noch lange nicht. Es fehlen uns dann vielleicht nicht mehr 22,8 Millionen, aber immer noch viel zu viel“, teilt er mit. Im Detail könne er noch nicht sagen, was die Entscheidung des Finanzsenators für Neukölln bedeute.

Hikel erwartet von der Landespolitik jedoch mehr, nämlich dass mindestens der Status quo erhalten werde und ein ernsthafter Ausgabenausgleich für inflations- und tarifbedingte Erhöhungen erfolge. Deshalb werde er gemeinsam mit den Neuköllner Stadträtinnen und Stadträten alles daran setzen, die Abgeordneten davon zu überzeugen, dass die Stadt funktionierende Bezirke brauche. Denn das Abgeordnetenhaus muss dem Haushalt zustimmen, nachdem der Senat ihn beschlossen hat.

Selbst wenn die Einschnitte im Sozialen nicht so hart werden, wie anfangs befürchtet, beim Personal wird gespart werden müssen. Die längst überfällige Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung ist mit dem zu knappen Budget nicht zu verwirklichen. Und schon heute seien die Bearbeitungszeiten in den Ämtern lang, ob nun beim Elterngeld oder bei der Baugenehmigung, so Hikel.

Die Bezirksverordneten stellten sich in ihrer jüngsten Sitzung Ende Juni hinter den Brandbrief der zwölf Bürgermeister und verabschiedeten eine Entschließung. „Neukölln erkennt an, dass der Haushalt Berlins – wie alle öffentlichen Haushalte – durch die Corona-Pandemie, die insbesondere durch den Ukraine-Krieg gestiegenen Zahlen an Geflüchteten, die explodierenden Energiekosten und die allgemeine Inflation erheblich belastet ist“, schreiben sie. Wer aber so drastisch bei den Bezirken spare, spare bei den Menschen vor Ort, und das dürfe nicht passieren. Die Neuköllner Grünen sind überzeugt, dass anderenfalls jeder Bewohner die Auswirkungen schmerzhaft zu spüren bekommt. Die Linkspartei nennt den Haushaltsplanentwurf des Senats eine „Kampfansage gegen Kinder und Arme“. Deshalb haben sie am 5. Juli eine Demonstration vor dem Rathaus gegen die Kürzungen organisiert.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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