Zielgerichtet und ohne Scham
Unbekannte beschmieren am Jahrestag der Pogromnacht Fassade mit Hakenkreuz

Während 150 Menschen in der Hufeisensiedlung öffentlich an die Reichspogromnacht im Jahre 1938 erinnerten, kam es am 9. November ganz in der Nähe zu einer antisemitischen Straftat. Die Anwohnerinitiative „Hufeisern gegen Rechts“ rechnet mit weiteren Angriffen.

Ein Unbekannter hatte ein Hakenkreuz an die Hausfassade eines Hauses an der Gielower Straße geschmiert. Jürgen Schulte von der Initiative ist überzeugt, dass die Wahl des Ortes kein Zufall war. Denn dort wohne ein Ehepaar, das bereits zwei Wochen zuvor ein übles Erlebnis gehabt habe. „Die beiden sind durch die Gartenhecke mit Tränengas besprüht worden. Offensichtlicher Anlass war ihre auf Hebräisch geführte Unterhaltung“, so Jürgen Schulte.

Dass der Täter das Nazi-Symbol ausgerechnet am Jahrestag jener Nacht sprayte, die als Beginn der systematischen Judenverfolgung in Deutschland gilt, beweise seine Schamlosigkeit. „Wir fürchten, dass es zu weiteren Angriffen auf die beiden Personen und das Haus kommt“, sagt Schulte. Er kenne mehrere Fälle, bei denen Menschen wiederholt attackiert wurden, um sie zum Wegzug zu bewegen.

Ein Beispiel: Nahe des aktuellen Tatorts brannte Anfang 2017 das Auto eines Gewerkschafters, der sich gegen Rechtsextremismus engagiert. Seitdem sei sein Haus immer wieder Ziel von Propaganda-Delikten, so Schulte. „Sie sollen zeigen: Fühle dich nicht sicher, wir sind noch da und haben dich weiterhin im Visier.“ So werde Angst geschürt, nicht nur bei den Betroffenen, sondern auch bei den Nachbarn.

Initiative fordert mehr Sorgfalt bei Ermittlungen

Seit etlichen Jahren kommt es vor allem im Süden des Bezirks immer wieder zu Brandstiftungen, Drohungen und Angriffen. Ermittlungserfolge hat die Polizei kaum vorzuweisen. Deshalb fordert die Anwohnerinitiative mehr Sorgfalt bei der Tatortuntersuchung und eine genauere Analyse der Britzer Personen, die in der rechtsextremistischen Szene verkehren. Auch müsse mit den Opfern besser kommuniziert werden, um sie von Ernsthaftigkeit der Aufklärungsbemühungen zu überzeugen. „Für uns wird wieder einmal deutlich, dass die rechte Anschlagserie, die unter dem Begriff Neukölln-Komplex zusammengefasst wird, nicht mit dem Jahre 2017 endet, wie es vonseiten der Ermittler und des Innensenators Geisel behauptet wird“, so Schulte.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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